Klaus Groth und die Dithmarscher Mundart 1.
"... habe ich aber die offenbaren Unarten der Mundart ... unterdrückt"
(Thema des Tages vom 20.01.2020)
1854 erschien im Hinstorff-Verlag eine Anthologie plattdeutscher Texte herausgegeben von Heinrich Friedrich Wilhelm Raabe. Darin ist der „Abendfrȩden‟ enthalten. Wie man an dem Abbild links sieht, nicht im Original, sondern in der mecklenburgischen Schreibweise nach Fritz Reuter. (Das ganze Buch ist online verfügbar: books.google.de 〉〉 ).
Im Vorwort der 4. Auflage des Quickborn 〉〉 geht Klaus Groth auf diesen Text ein:
„Ich schrieb plattdeutsch in ditmarsischem Dialekt, weil man sich an eine lebendige Mundart anschließen muß, weil das Ditmarscher Platt in dem abgelegenen Winkel sich am reinsten erhalten hat (..) und weil es mir am vertrautesten war. Dabei habe ich aber die offenbaren Unarten der Mundart recht absichtlich unterdrückt und vermieden. Dahin gehört z.B. die Auflösung des e in ei, des ö in au usw. Nun übersetzt mich ein Herr Raabe in seinem Allgemeinen plattdeutschen Volksbuch in Auswahl ins Meklenburgische
     Dei Welt is rein sau sachen
     As leig sei deip in Draum -‟
Groth fügt hinzu: „Wer´t mag de magt´t un wer´t nich mag de mag´t je wull ni mægen‟ und er lässt keine Zweifel daran, dass er es nicht mag.
Interessant ist zunächst, dass Klaus Groth Raabe falsch zitiert, wo Raabe so schreibt, zitiert Groth sau, aus leg wird leig, aus Drom wird Draum.
Wie kommt es zu diesen Fehlern? Was Klaus Groth nicht sagt: Er meint eigentlich nicht Raabe oder die mecklenburgische Schreibung. Groths (falsches) Zitat gibt nämlich etwas anderes richtig wieder: die Mundart, wie sie in Dithmarschen gesprochen wird, den Dithmarscher Dialekt!
Reimer Bull ist in Dithmarschen geboren und er spricht Dithmarscher Platt. Der „Abendfrȩden‟ hört sich beim ihm so an: Reimer Bull liest „Abendfreden‟ 〉〉 (aus Op Visiten bi Klaus Groth, Wiedergabe mit freundlicher Erlaubnis des Quickborn-Verlages). In Fritz Reuters Schreibweise sähe das so aus:
De Welt is rein sau sachen,
As leig se deip in Draum.
Man häurt nich Weinn noch Lachen,
Se ´s liesen as en Baum.
[zuerst erschienen am 18.01.2019, hier überarbeitete Fassung]