Johannes Wilhelm Boysen: Anne See

(Thema des Tages vom 08.04.2020)




In diesem Jahre jährt sich der 150. Todestag des Dithmarscher Lyrikers "Boysen van Nienkarken". Er studiert in Kiel und Berlin, wird Lehrer in der preußischen Provinz Sachsen, ab 1865 in Meldorf. Er meldet sich 1870 als Freiwilliger und fällt im Dezember in der Normandie.
Boysen zählt nicht zu zu den ganz großen Autoren, aber einige Gedichte wurden vertont und das folgende sehr stimmungsvolle Gedicht in die Anthologie "Tausend Jahre Plattdeutsch" (1927) aufgenommen.
Wegen einer Reihe unbekanntere Wörter empfehle ich die Übertragung ins Nordniederdeutsche mit ausgewählter Übersetzung: niederdeutsche-literatur.de: Texte. Hier jedoch das Original von 1865:

Anne See

De Luch is hooch und still de Wind;
De Oabend kumt, dat´s Summertiit;
Dat grote Woater liggt, man finnt
Keen Enn derop, so flack und wiit.

Gemäli drift de Tiid herop,
De Waggen dünt und weegt sik lang
Un wültert leiteri den Kopp
As luter glȩri, glatte Slang´.

Daræver jirkt un kreit de Meew,
De Soalhund kikt nischieri uut,
De Dümmler spakkelt, springt, as bleew
He boaben geern, wiel neddn em gruut.

Nuu sackt de Sünn hendoal un dippt
In´t Haff und glittert rood as Glöd,
De Bülgen blenkert as bedrippt
Mit smölten Gold, de Wies se flödt.

Man kiikt un kiikt und denkt sik weg
Und dünkt sik knapp meer oppe Eer
Und drömt, man weet wovan nich rech,
Man drift un druust so hartli heer.